Worum es geht:

Am 26.02.2013 hat der Gesetzgeber durch das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (kurz: Patientenrechtegesetz) des § 13 Abs. 3a SGBV eingefügt.

Hierdurch sollte verhindert werden, dass die Krankenkassen die Entscheidung über Leistungen lange aufschieben. Die Krankenkasse erstattet in der Regel keine Kosten, sondern übernimmt Sach- und Dienstleistungen.


Der § 13 Abs. 3a SGBV sieht vor, dass eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen binnen 3 Wochen entscheiden muss. Hier gibt es zwei Ausnahmen, entweder es handelt sich um einen Palliativ-Antrag (3  Tage) oder es wird der medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) eingeschaltet (5 Wochen). Es gilt immer der Zeitpunkt des Zugangs bei der jeweiligen Stelle (Krankenkasse bzw. Versicherter, vgl. § 88 Abs.2 SGG).

Überschritt die Krankenkasse diese Fristen galt die Leistung als vollumfänglich genehmigt.

Was hat sich nun geändert?

Zum 31.12.2019 schied der Vorsitzende Richter aus Altersgründen in den Ruhestand aus, der Senat besteht aus Vorsitzendem Richter (Berufsrichter), zwei Beisitzern (Berufsrichter) und zwei ehrenamtlichen Richtern (keine Juristen). Der Präsident des Bundessozialgerichts übernahm die Stelle des Vorsitzenden Richters.

Die Rechtsprechung des 1. Senats war schon seit Jahren umstritten, weshalb schon andere Richter ausgetauscht wurden.

Neue Rechtsprechung des 1. Senats seit 26.05.2020:

Das Bundessozialgericht hat seine frühere Rechtsprechung teilweise aufgegeben und hält seine bisherige Rechtsprechung für falsch. Nach Auffassung des Gerichts begründet die Genehmigungsfiktion keinen eigenständigen Sachleistungsanspruch.

Hieraus ergibt sich, dass eine “kurze” Überschreitung der Frist für die Krankenkasse folgenlos bleiben wird.

Sollte der Versicherte ein Hilfsmittel/Medikament bereits in der Antragsfrist selbst finanzieren “können” und die Krankenkasse überschreitet die Frist, erhält der Versicherte die Kosten erstattet. Allerdings trägt der Versicherte das Risiko, wenn die Kasse fristgerecht ablehnen.

Das Bundessozialgericht ist der Meinung, dass die Krankenkasse auch bei Fristüberschreitung einen Verwaltungsakt (Bescheid mit Widerrufsklausel) erlassen muss. Ab Zugang des ablehnenden Bescheides beim Versicherten besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung.

Siehe hierzu die Pressemitteilung des Bundessozialgerichts: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020_10.html


Bestätigung durch weiteren Senat

Der ebenfalls zuständige 3. Senat hat am 18.06.2020 in einer mündlichen Verhandlung die Rechtsauffassung des 1. Senats bestätigt (vgl. B 3 KR 14/18 RB 3 KR 6/19 RB 3 KR 13/19 R). 


Was passiert nun?

Der Sozialverband VdK hat eine Verfassungsbeschwerde wird, angekündigt (https://www.vdk.de/deutschland/pages/presse/presse-statement/79649/krankenkasse_kassenfrist_bundessozialgericht?dscc=essenc). Ob diese Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten.