Wenn man dieses Essay so liest, erscheinen vor dem inneren Auge bildreiche Assoziationen drogensüchtiger, hängengebliebener junger Erwachsener, die rauschende Exzesse feiern und die Kontrolle über ihr Leben verloren haben.
Was hat das mit Cannabiskonsum zu tun?
Das haben wir uns auch gefragt.
Einig sind wir uns mit der Autorin zumindest in einem Halbsatz, der besagt, dass der Cannabiskonsum bei Erwachsenen „vertretbar“ sei. Als Medizin, sagen wir, ist das auf jeden Fall sinnvoll. Bei freizeitlichem Konsum scheiden sich bekanntlich die Geister; (wissenschaftlich fundierte, nicht im Nachhinein revidierte, unabhängig finanzierte) Studien zeigen jedoch, dass Cannabis in diesem Alter Körper und Psyche (im Vergleich zu anderen psychotropen Substanzen) nur relativ geringfügig schädigen kann.
Bei Jugendlichen hingegen, so schreibt Kempinski, schlage „das psychoaktive Kraut ein wie eine Bombe“. Finden wir etwas dramatisch formuliert. Es stimmt zwar, dass Cannabis für jugendliche Gehirne schädlicher ist als für „ausgereifte“ erwachsene. Dennoch ist und bleibt Cannabiskonsum für im Grunde gesunde Menschen ungefährlicher als jede (!) andere Droge.
Selbstverständlich sollten Schwangere, wie Kempinski aufgreift, keine Drogen konsumieren. Und es ist auch möglich, dass bereits nach einmaligem Konsum eine (bereits zuvor angelegte) Psychose hervorgerufen wird. Zweiteres passiert jedoch zu einer Wahrscheinlichkeit gegen Null und ist damit wesentlich unwahrscheinlicher, als an einem Autounfall zu sterben. Damit ist dies kein verhältnismäßiges Argument für ein generelles Konsumverbot unter 25 Jahren. Dass das Gehirn erst in diesem Alter großteils ausgereift ist, sehen wir als, wenn auch gut verstecktes, Grundargument in diesem Artikel. Dies ergäbe auch Sinn – wenn nicht berücksichtigt werden müsste, dass nahezu niemand unter 25 Jahren nicht diverse Rauschmittel ausprobiert; egal, ob diese legal erhältlich sind oder nicht. Ein Verbot für unter-25-Jährige ist schlichtweg nicht durchsetzbar, unrealistisch und vor dem medizinischen Hintergrund, dass Konsumgewohnheiten, -Auswirkungen und -Muster sich ohnehin stark unterscheiden, auch nicht so sinnvoll, dass sich die Scherereien damit rentieren würden.
Und ja, wenn ein Elfjähriger, wie in dem Artikel beschrieben, bis zu fünfmal täglich kifft, wundert es wenig, dass er die Kontrolle über sein Leben verliert. Natürlich kann, wie auch nach anderen „Suchtmitteln“, aber auch Verhaltensweisen und Alltagsmitteln (Zucker), eine Sucht entstehen. Und ja, dieses Risiko muss politisch bei einer Legalisierung berücksichtigt werden. Dass mit 11 Jahren noch nicht gekifft werden sollte, ebenso wenig mit 16 Jahren, ist für uns selbstverständlich und auch absolut logisch! Etwas Eigenverantwortung sollte jedoch den Bundesbürgern ab einem gewissen Alter schon zugetraut werden…
Damit wäre an sich schon alles zu dem Thema gesagt. Trotzdem noch ein paar Hinweise in eigener Sache:
- Auch wir halten eine Altersgrenze für sinnvoll. Was wir allerdings für alles andere als sinnvoll erachten, ist eine Panikmache mit Verweis auf Einzelfälle und gesellschaftlich gesehen völlig unrealistische Forderungen.
- Cannabiskonsum ist, vor allem für Jugendliche, nichts Gesundes. Er ist lediglich weniger schädlich (v.a. für den Körper) als bspw. Alkohol.
- Ob Studien Glauben geschenkt werden sollte, hängt unter anderem davon ab, wer sie bezahlt hat, was die Fragestellung war, wie statistisch genau sie ausgewertet wurden, was daraus gefolgert wurde – und was die Leser daraus folgern.
- Generell sind wir für medizinisches Cannabis zuständig und möchten uns nicht für die Legalisierung für den Freizeitgebrauch starkmachen. Dennoch arbeiten wir aktiv gegen Panikmache, die auch Cannabis als Medizin im Weg stehen könnte.
- Grundlegender Hinweis an alle freizeitlichen Konsumenten: Bitte keine synthetischen Cannabinoide konsumieren! Diese sind teilweise hochgefährlich, der Konsum kann tödlich enden!
Quelle: medical-tribune