Der Deutsche Bundestag hat am 23. Februar 2024 das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz, KCanG und MedCanG) beschlossen. Damit wird der Umgang mit Medizinalcannabis im Rahmen des Cannabis-Gesetzes am Arzneimittelgesetz vorbei neu geregelt, somit betreffen die Regelungen in Teilen auch Cannabispatienten. Cannabis soll u.a. aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen werden, damit ist medizinischer Cannabis ebenfalls kein Betäubungsmittel mehr.

Nun fehlt jedoch noch die Beratung im Bundesrat, dort können noch einzelne Änderungen verlangt werden, das Gesetz selbst ist jedoch nicht zustimmungspflichtig. Damit könnte es zwar zeitliche Verzögerungen und Änderungen geben, aber kommen wird das neue Gesetz auf jeden Fall.

Und, obwohl es im Gesetz in erster Linie um Freizeitkonsum, Eigenanbau und im Juli dann auch um Cannabis Clubs geht, wird sich auch für den bisherigen und zukünftigen Cannabispatienten einiges ändern.

Hier eine kurze Zusammenfassung:

Mit dem Konsumcannabisgesetz (KCanG) wird zuerst der private Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum legalisiert:

  • möglich sein soll der private Eigenanbau von bis zu drei weiblichen, blühenden Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. (Cannabissamen nur aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der Handel mit Samen war bisher schon zulässig, sofern diese nicht zum Anbau bestimmt waren. Jetzt wurde dagegen die Herkunft aus Mitgliedstaaten der EU spezifiziert.)
  • der Besitz von bis zu 50 Gramm getrockneten Cannabisblüten für den Eigenkonsum im privaten Raum.
  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm getrockneten Cannabisblüten im öffentlichen Raum.

Diese Besitzgrenzen beinhalten bei einer

  • Überschreitung im öffentlichen Raum eine Strafbarkeit ab einem Besitz von mehr als 30 Gramm,
  • im privaten Bereich eine Strafbarkeit ab einem Besitz von mehr als 60 Gramm.
  • Bei einer nur geringfügigen Überschreitung künftig nicht mehr strafbar, man begeht nur eine Ordnungswidrigkeit.

Privat angebauter Cannabis und alles, was damit zu tun hat muss vor dem Zugriff durch Kinder (noch nicht 14 Jahre) und Jugendliche (14 bis 18 Jahre) nachweislich durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor dem Zugriff durch Dritte geschützt werden.

  • für Minderjährige bleibt der Besitz und Konsum von Cannabis verboten.
  • Edibles (Kekse, Süßigkeiten) mit Cannabis-Extrakten bleiben verboten,
  • Öffentlich bleibt der Konsum im Umkreis von etwa 100 Metern bzw. in Sichtweite von Schulen, Kitas, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen und Sportstätten verboten, (natürlich auch für Patienten)
  • in Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht konsumiert werden,
  • Erwachsene und Minderjährige machen sich weiterhin strafbar u.a. beim Handel und Inverkehrbringen ohne Lizenz unabhängig von der Menge sowie bei Erwerb, Besitz und Anbau oberhalb der jeweils erlaubten Mengen; es drohen Geldstrafen oder Freiheitsentzug bis zu drei Jahre. Für den Verkauf an Minderjährige sind bis fünf Jahre Haft möglich.

Alle Cannabispatienten mit einer Kostenübernahme betrifft der Eigenanbau nicht, es ist verbotener Beikonsum. § 4 Abs. 1 MedCanG-E verbietet außerdem den Anbau zu medizinischen Zwecken ohne Genehmigung des BfarM.

Aber die Herausnahme aus dem BtMG wird zu Veränderungen führen.

Kurzer Exkurs zum E-Rezept: E-Rezepte gelten für alles, was zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört, nur noch nicht für BtM-Rezepte. Seit dem 01.01.2024 muss der Arzt oder die Ärztin Arzneimittel als E-Rezept an den Patienten herausgeben. Nur noch in definierten Ausnahmefällen darf weiterhin auf einem „Papier“ Rezept verordnet werden. Übrigens wird ab Oktober 2024 in Modellregionen ein E-BtM Rezept eingeführt. Ab Juli 2025 soll es dann deutschlandweit funktionieren. Es ist dann nur noch zweiteilig, enthält einen Verschreibungsnachweis und einen Abgabennachweis, der Abgabenachweis muss wie bisher auch 3 Jahre in der Apothke aufbewahrt werden.

Aber schauen wir uns das doch am Beispiel der bisher genutzten und bekannten Papierform der Rezepte an:

Generell gilt: Arzneimittel dürfen nur ärztlich verordnet werden. Deshalb trägt die Ärztin oder der Arzt auch die Verantwortung dafür. Die Krankenkassen müssen Rezepte nicht genehmigen.

Aktuell erhalten gesetzlich Versicherte

  • ein gelbes, 7 Tage gültiges Betäubungsmittelrezept für Cannabismedikamente da es den Betäubungsmittel-Verordnungen unterliegt. Die Rezepte sind dreiteilig und nummeriert. Ein Durchschlag verbleibt zur Dokumentation in der Praxis, ein weiterer in der Apotheke.
  • Cannabis-Rezepte können, wenn Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz genommen wird, für gesetzlich Versicherte auf einem normalen (rot/rosafarbenes) Rezept von Ärzten mit Kassenzulassung verordnet werden. Das Vertragsrezept ist dann 28 Tage lang gültig und könnte dann auch als E-Rezept verordnet werden. 
  • Es sind für alle Patienten, die regelmäßig die gleichen Inhalte verordnet bekommen, bis zu 4 Wiederholungrezepte möglich. Hier wird eine sogenannte Mehrfachverordnung in 4 eigenständige Teile unterteilt die zu verschiedenen Zeitpunkten frei gegeben werden.
  • Patienten sind hierbei nicht an die erste Apotheke, in der das E-Rezept eingelöst wird, gebunden, sie haben für jede Einheit eine freie Apothekenwahl.

Selbstzahlende erhalten aktuell ein Rezept für Privatpatienten. Im Allgemeinen einen blauen Vordruck mit einer Gültigkeit von 3 Monaten, außer die Ärztin oder der Arzt gibt etwas anderes an. Bei Privatrezepten gibt es noch eine Übergangsfrist für Ärztinnen und Ärzte und Kassen, aber vielerorts gibt es auch hier schon das E-Rezept.

Für Ärzte wird die Verordnung vereinfacht, denn Betäubungsmittel zu verordnen bedeutet einen großen bürokratischen Verwaltungsaufwand. Allerdings bleibt Cannabis weiterhin im Budget, also bleibt fraglich ob mehr Ärzte in Zukunft per Kostenübernahme bei gesetzlich Versicherten Cannabis verschreiben. Hier ändert sich nichts und auch zu den Fachärzten ist noch nichts entschieden (s. GBA)

Für Apotheken fällt die Lagerung als Betäubungsmittel weg, Cannabis darf, wie alle anderen Medikamente auch ohne Betäubungsmittelabsicherung gelagert werden. Das ist jedoch aktuell noch nicht geregelt. Bisher ist die Situation mit E-Rezepten selbst bei Fertigarzneimitteln noch nicht fehlerfrei. Wie sich das dann bei Rezepturarzneimitteln verhalten wird zeigt die Zeit.

  • Allerdings bleibt Cannabis für Apotheken durch die Identitätsprüfung weiterhin schwierig.
  • Die Ansprüche, ob validierte Schnelltests oder Dünnschichtchromatografie ist bundesweit unterschiedlich geregelt variieren teilweise von Landkreis zu Landkreis.
  • In einigen Orten genügt die Prüfung mittels Infrarotspektrometer oder Schnelltests. Andernorts, in Berlin etwa, ist für jede gelieferte Blüten-Charge eine DC-Prüfung vorzunehmen.

Auswirkungen hat dies auch auf den Transport, Versand und die Dokumentation. Hier fallen viele Arbeitsschritte weg, medizinischer Cannabis könnte also, falls die Kostenersparnis weitergegeben wird, günstiger werden.

Spannend bleibt auch:

Bisher wurde bei der Verordnung von Cannabisblüten eine eindeutige Sortenempfehlung empfohlen. Für die Cannabispatienten bedeutete das, es durfte nur ausgetauscht werden, wenn das verordnete Medikament nicht lieferbar ist. Der Aufwand einer dokumentierten Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt und einer nachträglichen Änderung des Rezeptformulars wird jetzt jedoch kleiner und könnte zu einer flexibleren Handhabung bei Lieferengpässen führen.

Kann ein Cannabispatient nun sein Cannabis selbst anbauen?

Gesetzlich Versicherte mit einer Kostenübernahme dürfen Cannabis nur als verschreibungspflichtiges Medikament aus der Apotheke nutzen. Auch wenn alle anderen Cannabis zum Freizeitkonsum für den Eigenbedarf anbauen und besitzen dürfen. Selbst eine Clubmitgliedschaft könnte hier schon den Patientenstatus gefährden.

§ 3 Abgabe und Verschreibung von Cannabis zu medizinischen Zwecken

Cannabis zu medizinischen Zwecken darf an Endverbraucherinnen und Endverbraucher nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke gegen Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Tierärztinnen und Tierärzte sind nicht zur Verschreibung berechtigt. Die §§ 2 und 4 der Arzneimittelverschreibungsverordnung gelten entsprechend. § 14 Absatz 7 des Apothekengesetzes bleibt unberührt.

Patienten haben zudem die Auflage der Compliance (unterliegen also der korrekten Einnahme verordneter Medikamente). Dazu gehört die Vermeidung von allen das Medikament beeinflussenden Faktoren, die Veränderung der Einnahmemenge oder Zeiten, zusätzliche Einnahme von nicht mit dem Arzt besprochenen Medikamenten mit eventueller Wechselwirkung (Bsp. Paracetamol), aber auch der Konsum von Alkohol oder eben auch Konsumcannabis aus nicht medizinischer Herstellung. Denn das entspricht nicht den strengen medizinischen Standards und darf deshalb auch nicht ersatzweise angewendet werden.

Man könnte sich nun natürlich Ärzte vorstellen die einer Nutzung von Konsumcannabis bei ihren Patienten ausdrücklich zustimmen, ist jedoch ehr unwahrscheinlich, denn die Ärzte stehen dabei in einer gewissen Erklärungsnot gegenüber den Krankenkassen.

Privatpatienten werden wahrscheinlich so gestellt wie gesetzlich Versicherte bei  Übernahme der Kosten, Selbstzahler könnten sich in Zukunft natürlich frei selbst versorgen, durch Eigenanbau oder als Mitglied einer Anbauvereinigung. (

Der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen wird im nächsten Schritt legalisiert:

  • Sogenannte Cannabis Social Clubs (CSC) dürfen THC-haltige Hanfpflanzen anbauen und an Vereinsmitglieder begrenzte Mengen (25 Gramm/Tag und insgesamt 50 Gramm/Monat) abgeben
  •  mit maximal 10 Prozent THC-Gehalt;
  • an junge Erwachsene bis 21 Jahre jedoch nur 30 Gramm/Monat.
  • Diese Clubs sind rechtlich eingetragene Vereine (e.V.), arbeiten also nicht gewinnorientiert und dürfen maximal 500 Mitglieder haben;
  • in Clubs darf nicht konsumiert werden;
  • sie müssen einen Präventionsbeauftragten benennen und ein Jugendschutzkonzept vorlegen;
  • sie dürfen nicht für sich werben

Angebaut werden darf dann in

  • Gewächshäusern: in oder außerhalb von geschlossenen Räumlichkeiten befindliche, in sich abgeschlossene Anbauorte für Cannabispflanzen oder Vermehrungsmaterial;
  • befriedetem Besitztum: eine Anbaufläche, ein Grundstück, ein Gewächshaus, ein Gebäude oder ein Teil eines Gebäudes, die, das oder der von der berechtigten Person in äußerlich erkennbarer Weise durch Schutzvor-richtungen gegen das beliebige Betreten gesichert ist;

Dieses befriedete Besitztum/Gewächshaus ist auch ganz klar in der Anbauerlaubnis zu bezeichnen und die Anbauerlaubnis bezieht sich nur auf solche Flächen innerhalb des befriedeten Besitztums/Gewächshauses.

Das befriedete Besitztum darf sich dabei nicht teilweise oder vollständig in einer Wohnung befinden.

Laut Gesetzesbegründung umfasst das alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten einschließlich Gärten, Kleingärten, Wochendhäuser, Ferienwohnungen oder ähnlichem. Dabei muss der Wohnungsinhaber nicht der Eigentümer sein. Besonders muss beachtet werden, dass es verboten ist jegliches Cannabis, dass in einer privaten Wohnung angebaut wurde weiterzugeben.

Der Begriff des Wohnsitzes ist zudem in dem aktuellen Entwurf verschärft worden, sodass Wohnsitz nun der Ort ist, an dem eine Person seit 6 Monaten eine Wohnung unter Umständen innehat, die drauf schließen lassen, dass er sie als Wohnung beibehalten und benutzen wird.

CanG in § 34 Abs. 1 Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor und nach § 34 Abs. 3 CanG für gewerbsmäßiges Handeln oder bei einer nicht geringen Menge (welche neu zu definieren sein wird) Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor.  

Reisen mit Cannabis

Am Schengen Abkommen wird mit dem CanG nichts geändert. CanG ist deutsches Recht und Schengen ist europäisches Recht. Da es im Ausland meist noch ein Betäubungsmittel ist dürfte sich hier erst mal wenig ändern. Allerdings ist fraglich wer dann die Formulare erstellt, denn in ihnen werden nur Wirkstoffe erfasst die dem BtMG unterliegen. Wenn Cannabis jedoch nur noch ein verschreibungspflichtiges Medikament ist sind die Gesundheitsämter nicht mehr zuständig. Die Einfuhr aus dem Ausland bleibt weiterhin strafbar

Hier das Gesetz komplett, wie es am 01.03.2024 aus dem Bundestag kam: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0001-0100/92-24.pdf

 Lesenswert auch der Artikel zum Thema von Dennis Olliges (SVCM) https://www.krautwissen.de/2024/04/01/entkriminalisierung-von-cannabis-und-jetzt/