Die Verordnung von cannabinoiden Arzneimitteln als Monotherapeutika (inklusive Strukturanaloga) oder als Extrakte beziehungsweise Blüten mit/ohne Cannabidiol (CBD) betrifft oftmals multimorbide Patientinnen und Patienten mit Polymedikation.
Wie wir wissen werden THC und CBD werden in der Leber extensiv metabolisiert und die Plasmakonzentrationen von THC und seinem aktiven Metaboliten 11-OH-THC können durch starke CYP3A4-Inhibitoren (Verapamil, Clarithromycin) beziehungsweise -Induktoren (Rifampicin, Carbamazepin) erhöht beziehungsweise erniedrigt werden.
Die klinische Bedeutung ist wegen der variablen Plasmaspiegel und therapeutischen Breite unklar. Zu entsprechenden klinisch relevanten Arzneimittelinteraktionen kommt es wahrscheinlich erst bei THC > 30 mg/Tag und bei CBD > 300 mg/Tag.
Ein langsames Aufdosieren von oralen cannabinoiden Arzneimitteln reduziert auch die pharmakodynamischen, zumeist beherrschbaren Interaktionen. Eine inhalative Zufuhr kann die Interaktionen verstärken.
Eine symptomorientierte Titration der THC-haltigen cannabinoiden Arzneimitteln mindert das Risiko von Nebenwirkungen und auch von pharmakodynamischen Interaktionen.
Wegen der engen therapeutischen Breite wären CYP3A4-Substrate (Phenprocoumon, Cyclosporin) mehr betroffen als CYP2C9-Substrate (Diclofenac). Umgekehrt könnten Inhibitoren des ABCB1-Transporters (P-Glykoprotein) wie Verapamil die Präsenz von THC im Gehirn verlängern. Ein Einfluss von oralem THC auf den Transport, zum Beispiel von Zytostatika, ist unwahrscheinlich, bei CBD hingegen ist die Hemmung von CYP3A4 und 2C19 zu beachten, zumindest ab einer oralen Gabe von 300 mg.
Erwünschte Arzneimittelinteraktionen sind Dosisreduktionen der neuropsychiatrischen Komedikationen inklusive Opioide. Eine deutsche Kohortenstudie beschreibt das vollständige Absetzen von Opioiden, Antikonvulsiva oder Antidepressiva bei 64,7 %, 57,9 % und 60 % der Cannabis-Patientinnen und -Patienten. Bestätigt wird dieses Ergebnis von anderen Beobachtungsstudien.
Im Blick zu behalten ist der Cannabis-Missbrauch, der aus Sicht der Ärztinnen und Ärzte unterschätzt wird. Das Risiko für einen Missbrauch ist bei der inhalativen Zufuhr wesentlich erhöht. Es vermindert sich, wenn die Indikation Schmerz der Hauptgrund für die Anwendung von Cannabis ist. Diese Befunde zeigen, wie wichtig eine ärztliche Therapiekontrolle von cannabinoidhaltigen Arzneimitteln ist, besonders angesichts der bevorstehenden Legalisierung von Cannabis.
(Herdegen T, Cascorbi I: Drug interactions of tetrahydrocannabinol and cannabidiol in cannabinoid drugs: recommendations for clinical practice. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 833–40. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0223)