CB1-Rezeptoren[1]

befinden sich vorwiegend in der Membran[2] von Neuronen (Nervenzellen). Die höchste Dichte weisen sie im menschlichen Gehirn auf und vermitteln die Wirkungen endogener (im Körperinneren entstehender) Cannabinoide wie auch exogener (außerhalb des Organismus entstehender) Cannabinoide. CB1 Rezeptoren sind die am meisten vorhandenen G Protein-gekoppelte Rezeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS) und dürften sogar die mengenmäßig größte Gruppe von Bindungsstellen für Stoffe die an einen Rezeptor andocken im ZNS sein. Sie befinden sich im Gehirn, wie zum Beispiel im Kleinhirn[3], im Hirnstamm[4] und in den limbischen Bereichen[5]. Sie lassen sich auch im Rückenmark, in Makrophagen[6], Mastzellen[7] und epidermalen[8] Keratinozyten[9] nachweisen. Über diese Rezeptoren werden die Cannabinoid-Neurotransmitter[10]-Effekte innerhalb des ZNS reguliert.


CB2-Rezeptoren

befindet sich hauptsächlich auf Immunzellen, hauptsächlich in der Peripherie in den hämatopoetischen Stammzellen[11], Makrophagen und anderen Immunzellen. Sie vermitteln die Regulation neuroimmuner[12] Interaktionen und schützen Neuronen vor Pathogenen[13]. Zudem beeinflussen sie Entzündungsmediatoren[14], die die Empfindlichkeit sensorischer Neuronen gegenüber gewebeschädigenden Reizen erhöhen. Und schließlich reagieren sie auf periphere Nervenverletzungen[15].

Unterschiedliche Menschen / unterschiedliche Reaktionen

Neben Effekten durch Bindungen an Rezeptoren gibt es auch rezeptorunabhängige Cannabinoidwirkungen. Interaktionen mit vielen Neurotransmittern und Neuromodulatoren. Diese können bei unterschiedlichen Menschen zu verschiedensten Auswirkungen führen. So können bei einem Menschen Verstärkungen bei einem anderen eine Reduzierung von Symptomen ausgelöst werden.

Phytocannabinoide / Endocannabinoide[16]

Phytocannabinoide sind von außen kommende Cannabinoide aus Pflanzen, die an Cannabinoidrezeptoren binden. Endocannabinoide sind lipidbasierte[17] retrograde[18] Neurotransmitter[19], die ebenfalls an Cannabinoidrezeptoren binden. Alle bisher identifizierten Endocannabinoide sind Arachidonsäureanaloga[20], wie z.B. Arachidonoylethanolamid (Anandamid), 2-Arachidonylglycerol (2-AG), Arachidonylglycerylether (Noladinether).

Die endogenen Cannabinoide werden von postsynaptischen[21] Neuronen freigesetzt, um dann an das präsynaptische Axonende[22] zu binden. Durch diesen Rückkopplungsmechanismus verstärken oder unterbrechen sie die Synthese[23] oder Freisetzung eines Neurotransmitters. Zu den Neurotransmittern, deren Freisetzung durch die Aktivierung von Cannabinoidrezeptoren gehemmt wird, gehören L-Glutamat[24], GABA[25], Noradrenalin[26], Dopamin[27], Serotonin[28] und Acetylcholin[29]. Daher leiten Endocannabinoide je nach Beschaffenheit des präsynaptischen Axonendes entweder ein, dass die Hemmung der Erregung unterdrückt wird (sie also arbeiten kann) oder die Erregung gedrosselt wird.

Im gesunden ZNS sind Endocannabinoide an der Regulation der synaptischen Plastizität[30] und damit an der Regulation kognitiver Funktionen[31] und Emotionen (Gefühle) beteiligt. Sie beeinflussen die neuronalen (die Nerven betreffenden) Schaltkreise in den entsprechenden Regionen des ZNS. In den Basalganglien[32] und im Cerebellum[33], wo CB1-Rezeptoren in großer Dichte vorhanden sind, beeinflussen Endocannabinoide die Freisetzung oder Hemmung von Dopamin und wirken auf Bewegungskoordination und Körperhaltung beim Menschen. Darüber hinaus beeinflussen sie das sensorischen und autonomen Nervensystems, sodass Schmerzwahrnehmung, kardiovaskuläre (Herz-Kreislauf) und gastrointestinale (Magen Darm) Prozesse sich verändern. Eine weitere wichtige Funktion der Endocannabinoide und der Phytocannabinoide ist die der Schutz der Neuronen. Zu viel Erregung ist schädlich für Nervenzellen und kann zu Exzitotoxizität (Tod eines Neurons durch andauernde Reizüberflutung) führen. Diese gehirnschädigenden Auswirkungen vieler neurologischer Störungen wird durch Endocannabinoide entgegengewirkt.

Endocannabinoide können aber auch Zellen von hemmenden Signalen entkoppeln und somit wieder uneingeschränkte Erregung auslösen. Dieser Vorgang wird als Disinhibition[34] bezeichnet und scheint zusammen mit dem Um- und Neubau von Synapsen wesentlich zur gesunden Hirnfunktion beizutragen.

Anandamid und 2-AG sind die beiden am besten untersuchten Endocannabinoide. Anandamid reagiert auf Nervenverletzungen und Entzündungen. Es hat eine hohe Neidung sich mit CB1-Rezeptoren zu verbinden und spielt eine Rolle bei der Verarbeitung von Schmerzen betreffenden Informationen. 2-AG ist in hohen Konzentrationen im ZNS vorhanden, wo es ebenfalls als Auslöser von Reaktionen an CB1-Rezeptoren bindet. Es wird bei Gewebeverletzungen aktiviert und spielt eine herausragende Rolle bei der Absenkung von Schmerz während akutem Stress.

[1] Ende einer Nervenfaser oder spezialisierte Zelle, die Reize aufnehmen und in Erregungen umwandeln kann.

[2] Membran, eine dünne Material- bzw. Gewebsschicht, die zwei Räume voneinander abtrennt.

[3] Das Kleinhirn ist für Planung, Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen, Lernvorgänge und wahrscheinlich auch kognitiven Prozesse zuständig.

[4] Der Hirnstamm steuert überlebenswichtige Funktionen wie die Atmung oder den Blutdruck.

[5] Die limbischen Bereiche, stark beeinflusst von anderen Gehirnarealen, sind eine Funktionseinheit, die der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Triebverhalten dienen aber auch intellektuelle Leistungen beeinflussen.

[6] Makrophagen zählen zu den Fresszellen und sind Leukozyten, gehören also zu den Zellen des Immunsystems. Sie dienen der Beseitigung von Mikroorganismen.

[7] Mastzellen sind spezialisierte Epithelzellen, die eine wichtige Rolle für die Funktion des Immunsystems.

[8] Epidermis, äußere Zellschicht der Haut, Oberhaut.

[9] Keratinozyten sind aktiv an der Immunantwort, an Entzündungsprozessen und bei der Wundheilung beteiligt.

[10] Überträgerstoffe die für die Erregungsübertragung an chemischen Synapsen zuständig sind. Sie übertragen, verstärken oder auch modulieren die Reize von einer Nervenzelle zu einer anderen.

[11] Hämatopoetische Stammzellen sind jene aus denen sich durch Zellteilung und zunehmende Differenzierung die Blutzellen (z.B. die Erythrozyten) entwickeln.

[12] Interaktionen zwischen Immun- und Nervensystem

[13] Pathogene sind Mikroorganismen, Viren, Gifte und ionisierende Strahlung, die eine Erkrankung hervorrufen können.

[14] Als Entzündungsmediatoren bezeichnet man biochemische Substanzen, welche die Entzündungsreaktion eines Gewebes einleiten bzw. unterhalten.

[15] „Periphere“ Nerven sind die Nerven, die außerhalb des Gehirns und Rückenmarks gelegen sind und den gesamten Körper durchziehen.

[16] Endocannabinoide sind Phytocannabinoidähnliche Substanzen, die vom Körper selbst produziert werden.

[17] Lipidbasiert, heißt auf Lipiden basierende Stoffe. Lipide sind eine übergeordnete Stoffklasse, in der eine Unterklasse die Fette sind. Lipide haben alle als Gemeinsamkeit eine schlechte Löslichkeit in Wasser.

[18] Retrograd bedeutet das die Signalübertragung rückwärts geschieht.

[19] Neurotransmitter sind ungleichartige biochemische Stoffe, die Informationen von einer Nervenzelle zur anderen weitergeben.

[20] Analoga sind chemische Verbindungen, mit gleicher biologischer Wirkung. Es handelt sich um Stoffe, die aufgrund ihrer Strukturähnlichkeit oder ähnlicher Ladungsverteilung von den gleichen Rezeptoren gebunden werden, und somit gleiche Stoffwechselreaktionen oder Signalkaskaden auslösen.

[21] Postsynaptisch bedeutet dem synaptischen Spalt nachgeschaltet. Eine Synapse ist der Verbindungspunkt zweier benachbarter Zellen.

[22] Neuronen sind für die Weiterleitung von elektrischen Signalen zuständig und besitzen dafür das Axon, auch Neurit genannt. Das ist ein schlauchartige Fortsatz der Nervenzelle hier mit einer präsynaptischen (vor der Synapse liegenden) Endigung, auch (Synapsen-) Endknöpfchen genannt.

[23] Als Synthese bezeichnet man die Verbindung oder das Zusammensetzen mehrerer Einzelbestandteile.

[24] Eine semiessenzielle Aminosäure, die im Körper am häufigsten vorkommt, ein wichtiger Baustein von Proteinen.

[25] Gamma-Aminobuttersäure (GABA) ist ein wichtiger Neurotransmitter im ZNS, der eine hemmende Wirkung an spezifischen GABA-Rezeptoren entfaltet.

[26] Noradrenalin ist ein körpereigener Botenstoff, der als Stresshormon und Neurotransmitter wirkt.

[27] Dopamin ist ein wichtiger, überwiegend erregend wirkender Neurotransmitter des zentralen Nervensystems und ist im Zusammenspiel mit dem ebenfalls anregenden Noradrenalin und dem eher dämpfenden Serotonin die treibende Kraft im Organismus fürBewegungen, Koordination, Konzentration, Motivation und geistiger Leistungsfähigkeit.

[28] Serotonin ist ein Botenstoff, der im Nervensystem Informationen weitergibt. Da es neben vielen anderen Prozessen auch unsere Emotionen beeinflusst (im Volksmund Glückshormon)

[29] Spielt unter anderem eine große Rolle bei der Steuerung wichtiger Körperfunktionen wie Herzschlag oder Atmung und überträgt Signale von Nerven- auf Muskelzellen. 

[30] Die synaptische Plastizität bezeichnet den Um- und Neubau von Synapsen.

[31] Die kognitiven Funktionen des Menschen beinhalten Denk-, und Wahrnehmungsvorgänge, die sowohl bewusst, als auch unbewusst ablaufen können. Kognitive Funktionen sind demnach geistige Prozesse wie Gedanken, Wünsche, Einstellungen, Meinungen, Wissen und Erfahrungen.

[32] Die Basalganglien sind eine Kerngruppe, die unterhalb der Großhirnrinde liegt und ebenfalls zum Großhirn gezählt wird. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation der Motorik. 

[33] Kleinhirn

[34] Disinhibition bezeichnet einen aktivierenden Vorgang durch den Wegfall bzw. die Hemmung einer Hemmung.