Ein Beitrag von Carsten Elfering
Im Jahre 2019 füllten sich hauptsächlich in den Vereinigten Staaten Lungenfach-Kliniken mit einer Vielzahl an, man spricht von ca. 3000, primär jungen Patienten, die mit Symptomen wie genereller Luftnot, Kurzatmigkeit, Thoraxschmerz und gastrointestinalen Beschwerden stationär aufgenommen wurden.
98% der Patienten zeigten Symptome wie Dyspnoe, Hypoxie, Brustschmerz und Husten.
81% der Patienten zeigten gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe und Schmerz) und
100% der Patienten hatten unspezifische Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und Fatigue.
CT-Untersuchungen des Thorax zeigten Milchglasinfiltrate, darunter versteht man Areale gering angehobener Lungendichte, sowie weitere pathologische Auffälligkeiten. Obwohl nur eine geringe Anzahl an Lungenbiopsien durchgeführt wurden, fand man bei diesen eine akute fibrinöse Lungenentzündung und diffuse alveoläre Blutungen.
Nach eingehender Befragung der Patienten zeigte sich, dass ein Großteil der betroffenen Patienten vor Beginn der Symptomatik Cannabinoid / THC Vape Cartridges genutzt hatten.
Man gab dem Symptomkomplex daraufhin den Namen VAPI (vape associated pulmonary injury) , später setzte sich die Bezeichnung EVALI (e cigarette, or vaping product use associated lung injury) durch.
Was war passiert?
Fast sämtliche auf dem legalem US-Markt erhältlichen THC Vape Cartridges basieren auf THC Destillat Basis. Unverschnittenes und hochprozentiges THC Destillat zeichnet sich unter anderem durch eine sehr hohe Viskosität des Destillats aus. Durch Zufuhr von Hitze sinkt die Viskosität und es wird flüssiger. Demnach lassen unter Raumtemperatur flüssige THC Destillate einen Verschnitt des Destillats vermuten.
Unter den Konsumenten gab es damals die Vorgehensweise, die Kartusche für eine Minute kopfüber zu halten, bei hochwertigem Destillat war keinerlei Fließeigenschaft zu beobachten, während bei verschnittenem Destillat eine Destillatbewegung innerhalb der Kartusche zu beobachten war. Für viele Nutzer war es sozusagen ein Schnelltest, um über die Viskosität einen ersten Eindruck bzgl. Reinheit und Konzentration des in der Kartusche befindlichen Destillats zu bekommen.
Hochprozentiges THC-Destillat hat eine derart hohe Viskosität, dass es bei Raumtemperatur eher einer soliden Masse entspricht, und eine Verringerung der Viskosität in Vape Kartuschen ist teilweise sogar notwendig, um eine ausreichende Fließeigenschaft zu erhalten, die es dem Destillat ermöglicht, innerhalb der Kartusche in Richtung des sogenannten coils, der die zum Vaporisieren notwendige Hitze erzeugt, zu wandern.
So entstand ein Bedarf an Diluents (Verdünnungsmitteln) , welcher mit Hilfe von eher traditionellen Vaping Inhaltsstoffen wie PEG, aber auch von z.B. MCT-Ölen realisiert wurde. Eine weitere Möglichkeit ist die Verringerung der Viskosität durch den Zusatz von Terpenen.
Zusätzlich ist davon auszugehen, dass etliche Firmen, insbesondere die auf dem Schwarzmarkt befindlichen, einen aus Profitgründen motivierten beabsichtigten zusätzlichen Verschnitt mit im Vergleich zum THC Destillat günstigeren Mitteln, wie z.B. MCT-Öl, benutzten.
Dies erzeugte eine noch stärkere Verringerung der Viskosität, welche durch die Kundschaft durch den oben genannten optischen Kurztest auf Viskosität ersichtlich wurde.
Aber auch darauf reagierte die Industrie, nun wurden Verschnittmittel entwickelt und vertrieben, welche, bedingt durch die Inhaltsstoffe, die Viskosität nicht weiter verringerten, sondern diese erhöhten. Alleiniger Sinn und Zweck dieser Produkte waren die Erhöhung der Viskosität bereits verschnittener, minderwertiger und mit geringer Viskosität versehener Destillate und eine damit einhergehende Kundentäuschung.
Diese „Viskositätserhöher“ enthielten Vitamin E Acetat, welches, wenn inhaliert, durch Bildung und Inhalation von Keten, zu den oben genannten Symptomen führt und dauerhafte und teilweise irreversible Lungenschäden hervorrufen kann.
Nun scheint die Gefahr einer neuen VAPI Krise näher als vermutet befürchtet.
Das Problem: Vitamin E Acetat und Cannabinoid / THC Acetate sind sich sehr strukturähnlich. Die momentan groß in Mode befindlichen THC Acetate, die insbesondere in den US, bedingt durch die dortige (föderale) Gesetzgebung, welche die Vermarktung von z. B. Delta 8 THC Acetat auch in Staaten, in denen Delta 9 THC noch nicht legal ist, ermöglichen, sind ein Teil des Problems.
Aber es ist nicht ausschließlich das THC Acetat, auch CBN Acetat und CBD Acetat haben identische Folgen bei der Inhalation.
Sowohl bei dem Vape Cartridge als auch beim Dabbing von THC-, CBN- sowie CBD Acetat entsteht das toxische Keten. Bei Untersuchungen zeigten sich die höchsten Werte beim CBD Acetat.
Bei einem durchschnittlichen Lungenvolumen von 5 Litern inhaliert man bis zu 78 Mikrogramm Keten. In einem einzelnen Atemzug des vaporisierten THC Acetats befinden sich laut den Analysen rund 22 Mikrogramm Keten. Der von US-Behörden festgelegte Grenzwert, ab dem akute Gefahr für die Gesundheit besteht, liegt bei 43 Mikrogramm des Giftes.
Da momentan auch in Europa ein wachsender Schwarzmarkt für z. B. „Delta 8 o / Delta 10 o / HHC o cryo infused CBD flowers“ existiert, und das Produkt mit bloßem Auge nur schwerlich von „normalem“ THC Cannabis zu unterscheiden ist, können wir nur hoffen, dass durch gesundheitsstützende und präventive Gesundheitspolitik, welche innerhalb einer Legalisierung inkludiert wäre, sowie in der Hoffnung, dass kontrolliertes „Drug Checking“ gesetzlich möglich wird, den Schaden so gering wie möglich zu halten und eine weitere Ausbreitung dieser Produkte weitmöglichst zu verhindern.