Für Cannabis und Cannabinoide haben sich nach aktuellem Stand vier unterschiedliche Darreichungsformen etabliert: Inhalation, orale und sublinguale Aufnahme sowie die lokale Anwendung. Alle Darreichungsformen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, die bei der Medikation zu berücksichtigen und entsprechend den individuellen Gegebenheiten beim jeweiligen Patienten zu gewichten sind.

Inhalation

Die Inhalation ist gewissermaßen der Klassiker unter den Darreichungsformen für Cannabis, denn auch das Rauchen von Cannabis ist eine Art der inhalativen Aufnahme. Aus medizinischen Gesichtspunkten ist das Inhalieren von Verbrennungsprodukten prinzipbedingt nicht zu empfehlen, da bei der Verbrennung zwangsläufig gesundheitsschädliche Substanzen entstehen.
Die inhalative Applikation wird von vielen Patienten bevorzugt, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Wirkungseintritt beinahe unverzögert stattfindet. Der Großteil der Wirkstoffe wird bei der Inhalation direkt von der Lunge ins Blut abgegeben, was die Inhalation zu einer besonders wirksamen Aufnahmeform macht, vergleichbar mit einem Asthmaspray.
Laut einer 2007 durchgeführten Studie, die im Journal of Chemistry and Biodiversity veröffentlicht wurde, dauert der Wirkungseintritt nur wenige Minuten, nach etwa einer Stunde ist das Wirkungsmaximum erreicht, nach guten 2 Stunden klingt die Wirkung ab.
Ein Vorteil, der sich unmittelbar aus dem schnellen Wirkungseintritt ergibt, ist die Tatsache, dass es den Patienten sehr leicht fällt, die erforderliche Dosis zu titrieren, sodass unnötige Nebenwirkungen durch zu hohe Dosierungen vermieden werden können.

Andererseits kommt es prinzipbedingt zu starken Schwankungen bei der Wirkstoffaufnahme mittels Inhalation. So können folgende Faktoren die Wirksamkeit beeinflussen:

  • Wirkstoffgehalt
  • Dauer und Tiefe der Atemzüge während der Inhalation
  • Die vorherige Exposition zu Cannabis bzw. Cannabinoiden (Toleranz)

Wie bereits erwähnt, kann die Inhalation von Cannabis bzw. Cannabinoiden auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, die generell in zwei Gruppen unterteilt werden kann: Rauchen und Vaporisieren. Beim Rauchen werden die Pflanzenbestandteile verbrannt, es entstehen eine Vielzahl an chemischen Verbindungen, die aus medizinischer Sichtweise mehr als nur bedenklich sind. Im Unterscheid dazu wird beim Vaporisieren das Ursprungsmaterial nur so weit erhitzt, dass die Wirkstoffe in die Gasphase gelangen und eingeatmet werden können, ohne dass dabei Verbrennungsprodukte entstehen. Die Vaporisation von Cannabis stellt also die gesündere Alternative bei der inhalativen Aufnahme dar. Andererseits ist in der 2012 im Journal of the American Medical Association gezeigt worden, dass bei einem 5000 Personen umfassenden Teilnehmerfeld von Cannabiskonsumenten mit geringem bis moderatem Konsum keinerlei negative Auswirkungen auf die Lungenfunktion nachweisbar ist. [Anmerkung: in den USA wird Cannabis nicht mit Tabak vermischt, wenn es geraucht wird, die negativen Folgeerscheinungen des Tabakrauches sind also ggf. zu berücksichtigen.] 

Während also die Inhalation von vaporisiertem Cannabis vorteilhaft ist, ergeben sich neue Probleme bei den immer beliebter werdenden Vaporizern für Cannabiskonzentrate [Anmerkung: bisher nicht für medizinische Zwecke in Deutschland verfügbar]:
So gibt es bisher weder Prüfungen zur Sicherheit noch Daten zu Langzeitfolgen. Da es sich um Konzentrate handelt, kann es, gerade bei unerfahrenen Nutzern, zu Überdosierungen kommen. Ein weiteres Risiko bei der Nutzung von Konzentraten besteht darin, dass im Laufe der Aufreinigung auch unerwünschte Stoffe angereichert werden, etwa organische Schwermetallverbindungen oder Aflatoxine [Anmerkung: Gifte von Schimmelpilzen, die bei schlechten Trocknungsbedingungen wachsen können].

Orale Aufnahme

Cannabis bzw. Cannabinoide können wie bereits erwähnt auch orale aufgenommen werden, sei es in Form von mit Cannabis/Cannabinoiden versetzten Lebensmitteln, Tinkturen, Ölen oder Kapseln. Der Wirkungseintritt dauert im Vergleich zur Inhalation deutlich länger, üblicherweise zwischen 30 Minuten und einer Stunde, teilweise noch länger. Das Maximum der Wirkung ist nach gut 2 Stunden erreicht, die Wirkung klingt nach etwa 6 Stunden ab. Die Wirkung ist bei gleicher Wirkstoffmenge deutlich stärker als bei der Inhalation, was einerseits darauf zurückzuführen ist, dass bei der inhalativen Aufnahme ein Teil der Wirkstoffe wieder ausgeatmet wird, andererseits kondensieren die Wirkstoffe bei der inhalativen Aufnahme teilweise schon vor der Aufnahme [oder sie verbrennen].
Weiterhin ist zu erwähnen, dass bei der oralen Aufnahme die Wirkstoffe vor der Freisetzung in die Blutbahn durch die Leber chemisch umgewandelt werden, sodass aus Delta9-THC teilweise Delta8-THC gebildet wird, welches eine andere Wirkung hat. Dies gilt es natürlich auch bei der medizinischen Diagnose zu berücksichtigen.

Sublinguale Aufnahme

Cannabinoide können auch durch die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Dazu werden sie in Form von Sprays oder wasserlöslichen Filmstreifen unter der Zunge platziert. Gängige Vertreter sind diverse Vollspektrumöle sowie Sativex. Der Zeitraum bis zum Wirkungseintritt wird ähnlich der oralen Aufnahme mit rund 30 Minuten angegeben, teilweise werden aber auch etwas kürzere Zeitspannen genannt.

Topische Anwendung

Bei der topischen Anwendung werden die Wirkstoffe in Form von Salben, Pasten, Ölen und auch Pflastern örtlich auf die Zielregionen aufgetragen. Cannabinoide können durch die Haut aufgenommen werden und so lokal Schmerzen lindern oder Entzündungen lindern. Diese Aufnahmeform ist bei älteren Patienten sehr beliebt, was daran liegt, dass sie eine gute lokale Schmerzbetäubung (etwa bei Arthrose) ermöglichen, ohne dabei psychoaktive Wirkungen zu haben. Bei Darreichungsformen, die unmittelbar in die Haut einziehen können (Salben, Tinkturen…) tritt die Wirkung nach wenigen Minuten und hält ein bis zwei Stunden an, bei Pflastern verzögert sich der Wirkungseintritt auf 1 bis 2 Stunden, dafür dauert die Wirkung aber auch wie bei der oralen Aufnahme 5-6 Stunden, bei Pflastern mit Depotfunktion ggf. auch länger.

Quelle: Drug Policy Alliance – drugpolicy.org

Übrigens gibts zur inhalativen Aufnahme viele Studien, sie alle aufzuführen erschiene hier übertrieben. Eine sehr aktuelle und auch gut gemachte über das Rauchen von Hanf zeigte eine leichte Tendenz zu einem geringeren Gastransfer, was bedeutet, dass die Lungen nicht so gut darin waren, Sauerstoff gegen Kohlendioxid auszutauschen.
Diese aktuelle Studie findet Ihr hier auf der

Seite der ATS Journals.